IMI-Standpunkt 2025/050
Gefährliches Campverbot
Das Verbot des Rheinmetall Entwaffnen Camps ist ein Angriff auf Grundrechte.
von: Pablo Flock | Veröffentlicht am: 19. August 2025
Das Verbot des Rheinmetall Entwaffnen Camps sowie der dazugehörigen Demo und Parade durch die Kölner Polizei wurde letzte Woche durch das Kölner Oberverwaltungsgericht bestätigt. Dies ist ein herber Schlag für die antimilitaristische Bewegung, deren vorwiegend jüngere Mitglieder vom 25. bis 31. August dort campen wollen und sich sicher schon auf die Demos und Aktionen freuen.
Doch auch andere soziale Bewegungen, von der klassischen, älteren Friedensbewegung bis hin zur Klimabewegung und anderen, sind dadurch bedroht. Denn, wie eine von vielen Linken-Parteimitgliedern, Künstler:innen und Initiativen erstunterzeichnete Petition gegen das Verbot des Camps es nennt, stellt dieses „nicht nur einen massiven Angriff auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit dar“, sondern kann „auch einen Präzedenzfall zum staatlichen Umgang mit anderen Protestcamps schaffen.“
Wie Rheinmetall Entwaffnen (RME) in seinem Newsletter schreibt, wurden „eine Reihe absurdester Konstruktionen und Anschuldigungen“ als Begründung herangezogen, die den Campteilnehmenden die „Unfriedlichkeit“ attestieren sollen, wegen der das Camp nun vorerst verboten ist.
Dafür konstruiert die Polizei Köln aus der Parole „Krieg dem Krieg“, welche, wie die Veranstalter:innen kritisieren „schon seit über hundert Jahren von der antimilitaristischen Bewegung genutzt wurde, im ersten Weltkrieg entstand und durch Kurt Tucholskys gleichnamiges Gedicht popularisiert wurde,“ eine scheinbare Ankündigung, man wolle der Aufrüstung mit „kriegerischen Mitteln“ begegnen.
Will die Polizei damit behaupten die Antimilitarist:innen wollten sich bewaffnen und die dortige Rüstungsindustrie beschießen, anstatt wie in den letzten Jahren durch Demos und Aktionen des zivilen Ungehorsams auf deren mörderisches Business aufmerksam zu machen?
So klingt es jedenfalls, wenn man in der Begründung von einer seit dem Camp in Kiel angeblich „gesteigerten Gewaltbereitschaft“ der Campteilnehmenden liest. Absurd ist es allemal.
Auch andere friedliche antimilitaristische Gruppen werden derzeit mit einer Einschränkung ihrer Arbeit konfrontiert. So wurde beispielsweise ziemlich zeitgleich mit dem Campverbot ein Filmscreening von Shut Elbit Down in Darmstadt verboten. Es handelt sich um den Film To Kill a War Machine, der die direkten Aktionen der für Beschmieren und Sabotage an den Niederlassungen des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems und seiner Dienstleister bekannten Gruppe Palestine Action dokumentiert. In dem Film würde Terrorismus verherrlicht, behaupten die Deutsch-Israelische Gesellschaft und die Stadtverwaltung in Darmstadt und wirkten Druck auf das Theater aus, wo er gezeigt werden sollte. In Großbritannien wurde Palestine Action kürzlich – unter Protestbekundungen auch des UN-Menschenrechtsbüros – zur Terrororganisation deklariert. In Deutschland gibt es keine solche Einstufung und nach internationalen Standards dürfen Proteste, bei denen Sachbeschädigung geschieht, aber keine Zivilist:innen angegriffen werden, nicht als Terrorismus gelten.
Doch die Polizei kommt damit scheinbar durch. Shut Elbit Down Frankfurt musste sich dem kurz angekündigten Verbot der Filmvorführung beugen. Doch Rheinmetall Entwaffnen ist noch weit davon entfernt, sich das lange geplante Camp nehmen zu lassen. Sie sind in Berufung beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrheinwestfalen in Münster gegangen.
Luca Hirsch aus dem Presseteam der Camp-Organisation gibt sich jedenfalls selbstsicher, „dass das Camp stattfinden wird, denn es gab auf den Verbotsversuch sofort ein breite Solidarisierung.“ RME geht offenbar davon aus, dass „diese starke Reaktion das politisch motivierte Urteil so unter Druck“ setzen wird, dass es nicht standhalten wird. Allerdings würden sich „die Gerichte wahrscheinlich bis kurz vor oder sogar bis nach Beginn des Camps Zeit für die Entscheidung lassen.“
Sollte das Verbot bestehen bleiben, sind sie „natürlich darauf vorbereitet, dass unser großes Camp nicht in gewohntem Maße stattfinden kann.“ Jedoch könnten sich alle, die geplant hatten am RME-Camp teilzunehmen, „eines Platzes zum Campen, eines spannenden Programms und vieler Aktionen sicher sein.“ Die Sprecher:innen von RME „empfehlen jetzt umso mehr Leute zum Camp mitzubringen, da dieser Verbotsversuch uns final zeigt, dass wir mit Rheinmetall Entwaffnen in Köln richtig sind.“